Montag, 6. Dezember 2010

Fahrbibliothek auf Argentinisch

Bild: Retrovisiones.com

Als ich so ungefähr sechs Jahre alt war, erwartete ich den Montag immer mit besonderer Vorfreude. Heute (und gerade am heutigen Tag!) ist das natürlich anders, doch hatte ich als Viertelwüchsiger einen triftigen Grund: Der Bücherbus kam, ein behäbig parkendes XXL-Bücherregal, bei dem ich mich immer fragte, ob sich die Bände während der Fahrt eigentlich bewegen konnten. Seine Mission: "Leseförderung".  

In Argentinien scheint man die Sache noch eine Spur ernster zu nehmen, denn DAS ist wohl das knallharteste Büchermobil der Welt: "Arma de instrucción
masiva", "Waffe der massiven Belehrung", entdeckt und abgelichtet irgendwo in den Straßen von Nuñez. Vor dem Hintergrund der militärdiktatorischen Vergangenheit Argentiniens, der bekanntlich auch viele Intellektuelle zum Opfer fielen, illustriert dieser Bücherpanzer wohl auch eine Form von Sarkasmus. Schade, dass er auf der Buchmesse (Gastland: Argentinien!) nicht Patrouille fuhr...

http://www.retrovisiones.com/2010/08/64-dias-un-libro-abierto/ 

Freitag, 3. Dezember 2010

100 Jahre "Prinz Heinrich" – Collector's Box

Bild: Spiegel Online
1910 siegten drei Austro-Daimler-Wagen bei der letzten Prinz-Heinrich-Fahrt – und wurden fortan nach dem Rennen genannt. Ihr Konstrukteur: Ferdinand Porsche, gleichzeitig auch Pilot des zuvorderst eingelaufenen Wagens. Mit großem Aufwand war bei Autro-Daimler die Konstruktion der Rennwagen betrieben worden: Er sei sogar so weit gegangen, erinnert sich Porsche später, an den Kotflügeln jede einzelne Mutter zu verschalen, um der Luft keine Angriffsfläche zu bieten!

Aus Anlass des nunmehr 100jährigen Jubiläums des Erfolgs hat Delius Klasing um das kürzlich erschienene Buch "Ferdinand Porsche – Genesis des Genies" von Karl Ludvigsen eine Sammlerbox gestrickt, in der auch einige Kunstdrucke und ein Modellauto enthalten sind. Der Preis: 999 €.

Ob die auf 100 Exemplare limitierte Sammlerkiste ihr Geld wert ist, erörtert Jürgen Pander auf Spiegel Online!


Hintergrundinfos zur Prinz-Heinrich-Fahrt und zum Porsche-Wagen gibt es auf meinklassiker.com:

http://www.meinklassiker.com/de/magazin/menschen/enkel_in_grossvaters_siegerwagen/7/1/1925

http://www.meinklassiker.com/de/magazin/zeitgeschichte/zuechtung_eines_erstklassigen_tourenwagens_prinz_heinrich_fahrt_1910/17/0/2821

Mittwoch, 1. Dezember 2010

Frankfurter Buchmesse 2010: Automobile Randerscheinungen (Teil 2)

In Teil 1 des Berichts über die Frankfurter Buchmesse 2010 ging es um Kunst am Auto und Buch. Teil 2 beschäftigt sich mit Legenden, Nischenkämpfern und unnahbaren Regalen. Viel Spaß!


Bild: Delius Klasing Verlag
Porsche 901 – Die Wurzeln einer Legende

Der Stand des Delius Klasing Verlags ist praktisch, einladend, dabei beinahe gemütlich, nur belebter. Auf einem langen Tisch liegen alle Neuerscheinungen herum, durchblättern erwünscht. Dahinter steht ein großes Regal mit voluminösen Fächern, in dem der ganze Rest parkt. Die schickste Neuheit der Herbstvorschau ging da beinahe unter: „Porsche 901: Die Wurzeln einer Legende“ von Jürgen Lewandowski. Das hatte die ewige Null-Nummer mit der noch unentschlossenen Form und dem verkapptem 356-Charme schon lange mal verdient! Das Ergebnis kann sich sehen lassen: famose Fotos, schöner Schuber, 176 Seiten und ein Preisschild über 99,00 €, denn das Buch ist auf 901 nummerierte Exemplare limitiert. Mein Rat: Kaufen und freuen, bevor das gedruckte Substitut so gesucht ist wie das Auto!

Lewandowski, Jürgen: Porsche 901 – Die Wurzeln einer Legende. Bielefeld: Delius Klasing 2010. 175 S., 44 Farb-, 117 s/w-Fotos, Format 23 x 26,5 cm. Preis: 99,00 €. ISBN: 978-3-7688-3232-8.


Bild: teNeues Verlag
Porsche und Motorsport bei teNeues

Der teNeues Verlag ist Lesern dieses Blogs bereits ein Begriff. Auch geistert derzeit  „The Golden Age of Formula 1“ von Rainer W. Schlegelmilch durch die Rezensionsspalten der Presse. Was mich betrifft, so kann ich dieses Buch betreffend auch nach der Messe nur den Lobeshymnen meiner Kollegen glauben, denn am teNeues-Stand blieb es für mich irgendwie außer Reichweite. Mir kam es vor, als habe man sich in einer teuer aussehenden Regalburg mit extrahoher Theke verschanzt, abgeschottet von der übrigen, gemeinen Buchwelt. In die Hände bekam ich immerhin zwei Porsche-Bücher, die mittlerweile keine Unbekannten mehr sind. Nr. 1: „The Porsche Book. The best Porsche Images by Frank M. Orel“ ist nicht nur riesig (29 x 37 cm) und zum Erblinden pink, die darin gezeigten Fotos sind wirklich einzigartig. 98 gut angelegte Euros! Erschwinglicher und mit hübscher Typographie gesegnet ist „Generation Porsche“, wiederum von Frank M. Orel und Elmar Brümmer. Die beiden Herausgeber „starten eine rasante Zeitreise, und bringen collagenhaft ganz besondere Sportwagen, historische Ereignisse und Porsche-Geschichte auf einen Nenner.“, sagt der Verlag.
 
Bild: teNeues Verlag
Schlegelmilch, Rainer W.: The Golgen Age of Formula 1. Kempen u.a.: teNeues 2010. 216 S., 120 s/w-Fotos, Format 27,5 x 34 cm. Preis: 65 €. ISBN: 978-3-8327-9436-1.

Orel, Frank M.(Hrsg.): The Porsche Book. Kempen u.a.: teNeues 2010. 296 S., ca. 200 Farbfotografien, Format 29 x 37 cm, Hardcover mit SU. Preis: 98 €. ISBN: 978-3-8327-9377-7.

Orel, Frank M., Brümmer, Elmar: Generation Porsche. Kempen u.a.: teNeues 2009. 400 S., 307 Farbfotografien, Format 21 x 21, Paperback. Preis: 35 €. ISBN: 978-3-8327-9031-8.





Bild: Podszun Verlag
Podszun Verlag

Der Besuch am Podszun-Stand ist jedes Jahr mein stilles Highlight. Nicht nur, weil das Standpersonal immer sehr nett und hilfsbereit ist, sondern weil die bei Podszun verlegten automobilfremden Themen z.T. so dermaßen speziell sind, dass ich ehrfurchtsvoll meinen Hut ziehe. Gut, vielleicht unterschätze ich dahingehend die Kaufkraft von Baumaschinen-Freaks. Und das einheitliche Layout, wie auch der klar strukturierte Stil ohne Mätzchen, doch mit dem verlagstypischen Wiedererkennungswert, dämpft sicher auch die Kosten. Aber der kleine Verlag aus Brilon legt Wert auf große Qualität, auch im Detail: Die Abbildungen sind stets passend gewählt und (wenn's die Vorlage hergibt) gestochen scharf. Meine beiden Favoriten der Herbstvorschau:
Bild: Podszun Verlag

Lange, Dr. Peter: Die Geschichte des Milchtransports. Brilon: Podszun Verlag 2010. Ca. 160 S., ca. 380 Abb., Format 21 x 28 cm, HC. Preis: 24,90 €. ISBN: 978-3-86133-562-7. 
 
Kuhny, Johannes: Das Ford Escort Buch. Brilon. Podszun 2010. 144 S., ca. 290 Abb., Format 24 x 17 cm, Paperback. Preis: 14,90 €. ISBN: 978-3-86133-565-8. [lieferbar ab 15. Januar 2011]









Bild: Motor Buch Verlag
Wanderer – Luxus und Tradition / Porsche 917

Bücher über Vorkriegsautos macht kein großer Verlag mehr? Zu unpopulär, das Thema? Nun, vielleicht lässt sich die Popularität gerade durch das gute, alte Buch ja wieder ankurbeln? Der Automobilhistoriker Christian Suhr (der selbst auch einen wundervollen Kleinverlag betreibt) hat  mit „Wanderer – Luxus und Tradition“ jedenfalls ein Werk vorgelegt, das alle Bereiche der Wanderer-Geschichte abdeckt. Was die Anzahl der verfügbaren Titel über diese Marke auf schwindelerregende zwei erhöht! Schade, dass die Anmutung des Buches wieder mal nicht überzeugend ist. Einen Schutzumschlag sucht man vergebens, und die Einbandgestaltung wirkt auch eher hausbacken. Gleiches kann man dem „Porsche 917“-Buch von Glen Smale vorwerfen. Mit 78,00 € gehört dieses Werk preislich zur oberen Mittelklasse. Typographisch aber ist es kein Renner, eher ein müder Kleinwagen. Das Interesse am Thema scheint ungebrochen, und der Verlag setzt große Erwartungen in Smales Buch, das (mal wieder) mit bislang unveröffentlichtem Fotomaterial glänzen soll. Kurz: Nicht mein Ding...

Bild: Motor Buch Verlag
Suhr, Christian: Wanderer – Luxus und Tradition. Stuttgart: Motor Buch Verlag 2010. 400 S., 545 s/w- 76 Farbabb., Format 23 x 26,5 cm, HC. Preis: 49,90 €. ISBN: 978-3-613-03204-0. 
 
Smale, Glen: Porsche 917. Stuttgart: Motor Buch Verlag 2010. 496 S., 495 s/w-, 418 Farbabb., Format 23 x 28 cm, HC. Preis: 78 €. ISBN: 978-3-613-03230-9.








Bild: MV-Verlag
Monsenstein & Vannerdat

Den meisten Bugatti-Fans ist das Verlagshaus Monsenstein&Vannerdat durch die beiden Titel „The Race Bugatti Missed“ oder auch „Bugatti – From Milan to Molsheim“ bekannt. Ural-Fahrer kennen es auch, Fans englischer Einzylinder-Motorräder ebenfalls. Seit neuestem auch die deutsche Hotrod-Szene. Kurz: Der Verlag bringt nicht viele Motorbücher heraus, diese dann aber mit umso mehr Herzblut und mit gehobenem Qualitätsanspruch. So werkeln die Münsteraner gerade an einem echten Mammutwerk: „Vom Feuer zur Fusion – Die Geschichte des Automobils von Anfang an“.  Ein „mächtiges Nachschlagewerk, das alle wichtigen Fakten miteinander verbindet und präzise Informationen zu Personen, Erfindungen und Automarken liefert“ – nicht weniger als das soll es werden! Grundidee: Das Automobil entstand nicht erst mit Carl Benz. Schon vorher gab es Erfindungen, ohne die die Patentanmeldung des Motorwagens unmöglich geblieben wäre. Ich bin gespannt und glaube: das könnte was dolles werden!

Löwisch, Roland: Vom Feuer zur Fusion – Die Geschichte des Automobils von Anfang an. Ca. 800 S., Halbleinen, Holzschuber, ca. 120 €. ISBN: 978-3-942153-04-1. [noch nicht erschienen]
Weitere Informationen: http://www.monsenstein-und-vannerdat.de/Technik_3.html

Dienstag, 23. November 2010

Illustration or Art? Maurice de Vlaminck und J.A. Grégoire

Bild: http://www.prewarcar.com


J.A. Grégoire ist außerhalb französischer Grenzen kaum bekannt, dabei war der Automobilkonstrukteur ein Universaltalent mit schriftstellerischer Ader. Ebenso vergessen ist heute, dass sowohl Titelillustration als auch Vorwort seiner Autobiographie von dem Maler Maurice de Vlaminck stammen. Dieser gehörte in den 20er Jahren zu den wenigen bedeutenden (und doch fast vergessenen) Künstlern, die das Automobil in ihren Werken verarbeiteten.

 

Leo J McAllam widmet sich dem Thema auf PreWarCar.com

Samstag, 20. November 2010

Neuerscheinung: Traumgaragen

Bild: Traumgaragen.com


Wie sieht eine Traumgarage aus? Teppich, Parkett oder Betonboden? Nostalgische oder moderne Ausstattung? Mit Platz für viele oder nur für einen Oldtimer? Integriert im Wohnzimmer, oder in einer schönen, alten Scheune? Es gibt Leute, die sinnieren nicht nur, sondern verwirklichen ihren Traum. Und von ihnen handelt dieses Buch. Wie auf der Homepage zu lesen ist, soll dies nicht das letzte Buch zum Thema sein, das FritzBooks verlegt – wer seinen Autos also eine besondere Unterkunft bietet, möge sich bei den Herrschaften melden.

Hier geht's zum Buch!

Freitag, 19. November 2010

In London vorgestellt: The Bentley Brooklands Book

Bild: Classicdriver.com

 

Najaaaa, dieses Buch handelt nicht von einem Oldtimer – "nur" vom Bentley Brooklands, dem größten Coupé der Welt. Das von einem Eigner initiierte Werk zu dem Arnage-basierten Edelwagen entstand in Zusammenarbeit mit Classic Driver und erfuhr gestern Abend seine glitzernde Vorstellung: Mit ausgiebigem Champagnerkonsum durch Modedesigner und Ex-Rennfahrer. Das, liebe Totenkläger des gedruckten Buches, schafft kein E-Book!

 

Hier geht es zum vollständigen Artikel auf ClassicDriver.com 


Und hier zum Buch selbst!

Freitag, 29. Oktober 2010

Matthias Pfannmüller: Jaguar Coupés 1932-2007

Bild: Motorbuch Verlag

„Das klassische Coupé verfügt über zwei Türen, ein festes Dach und viel Leistung. Es bietet relativ wenig Platz, ist dafür exklusiv, von eleganter Gestalt und vergleichsweise teuer“. Kürzer und treffender lässt sich der Begriff „Coupé“ kaum definieren – zumal, wenn es sich um die edlen Zweitürer von Jaguar handelt. Matthias Pfannmüller erzählt in seinem Buch „Jaguar Coupés 1932-2007“ die Geschichte der geschlossenen Zweitürer aus Coventry.

Sachlich, doch unterhaltsam tut er dies, obwohl der Untertitel „75 Jahre Luxus und Leidenschaft“ die Essenz einer Hingabe an klaustrophobisch enge und teure Wagen mit komplizierter Technik vermuten lässt. Und irgendwie ist es das auch. Auf geschmackvoll graubeige bedrucktem Papier beginnt Pfannmüller seine chronologische Darstellung mit einer Einführung in die Geschichte der Swallow Sidecar Ltd. und der daraus entstehenden Marke Jaguar, an deren Ursprünge jeweils William Lyons stand.

Ausgerechnet das erste „eigene“ Auto der Marke, der S.S. One als flaches „Fixed head coupé“, entsprach formal nicht den Vorstellungen seines geistigen Schöpfers: Lyons war während der Umsetzung seiner Idee erkrankt und fand sich nach seiner Rückkehr vor vollendete Tatsachen gestellt. „Als Lyons...frisch genesen in die Firma zurückkehrte, war er außer sich – der Prototyp schien ihm zu kantig, nicht wohl proportioniert und überhaupt – viel zu wenig galant!“, lässt der Text einen aufgebrachten Chef vermuten. Der entschied natürlich gleich über eine neue Formgebung für die Serie 2, die im SS Airline mit seinem modischen Rundheck 1935 einen weiteren Höhepunkt markierte. Doch galt dieser Wagen per definitionem nicht als Coupé. Trotzdem findet er Erwähnung in Pfannmüllers Buch, das fokussiert, doch in seiner Darstellung nicht beschränkt wirkt.

Von der „verhinderten Schönheit“ SS Jaguar 100 FHC geht es weiter über XK 120, 140 und 150, und natürlich E-Type und XJS bis hin zum modernen XK. Es werden keine grundsätzlich neuen Erkenntnisse dargeboten, „nur“ ein Kompendium aller jemals gebauten Jaguar-Coupés vor dem Rahmen einer allgemeinen Markenhistorie. Das ganze ist mit technischen Detailzeichnungen und -Fotos gespickt, die so manches „Aha-Erlebnis“ auslösen können.
Auch die Kreationen unabhängiger Karossiers kommen nicht zu kurz, und angesichts der Coupéhüllen, die Pininfarina, Ghia, Bertone oder Zagato auf XK-Chassis schneiderten, stellt sich die Frage, ob Jaguars Originale wirklich soooo gelungen waren. Wie zur Entkräftung aller ketzerischer Gedanken steht hierzu der dogmatische Satz zu lesen: „Die Ausgewogenheit des Serien-Coupés blieb unübertroffen.“.

„Jaguar-Coupés“ ist ein Buch, das von einer solchen Ausgewogenheit lebt. Kapitel für Kapitel steigert sich die Dynamik, nicht nur durch die Fahrzeuge selbst. Ungewöhnlich: Fließtext und Bildmaterial sind jeweils in geschlossene Einheiten getrennt. Doch das funktioniert. Mehr noch: Der Text wird zum Ruhepol für den Leser, bevor die Bilder ihre verführerische Kraft entfalten. 
In einem Wort: Ein sinnvoll konzipiertes Buch, das nicht nur ausgesprochene Jaguar-Fans im Regal haben sollten. Es braucht relativ wenig Platz, ist dafür exklusiv, von eleganter Gestalt – und dabei nicht mal teuer.

Matthias Pfannmüller: Jaguar Coupés: 1932-2007 – 75 Jahre Luxus und Leidenschaft.
Motor Buch Verlag 2008. ISBN: 978-3-613-30609-7. Preis: 19,95 €

Freitag, 15. Oktober 2010

Frankfurter Buchmesse 2010: Automobile Randerscheinungen (Teil 1)

Die Frankfurter Buchmesse ist nicht nur ein Tummelplatz für vergeistigte Literaten. Auch der Autofreund kann sich dort vergnügen, sofern er den „Blick“ hat. Nein, nicht den, der die Menschen reihenweise tot umfallen lässt (was, zugegeben, ob der Enge in den Messehallen manchmal praktisch wäre...). Der „Blick“ lässt ihn wie fremdgesteuert zu „seinen“ Büchern eilen. Kurz gesagt: Ich hab' ihn. Sehr zum Leidwesen meiner regelmäßigen Begleiter. Was ich entdeckt und durchgeblättert habe, will ich hier vorstellen. Ich schildere dabei lediglich meinen jeweils ersten Eindruck – aber der zählt ja angeblich auch auf anderen Ebenen.

Mein Weg führte als erstes zur Stiftung Buchkunst. Die schlechte Nachricht vorweg: Seit zehn Jahren hat es kein Autobuch mehr zu einer Auszeichnung als schönstes (Sach)Buch gebracht. Warum eigentlich? Ja, warum...
Nun, 2010 wurden mindestens zwei Titel eingereicht, ohne jedoch über die erste Beurteilung durch die Vorjury (Dauer: etwa 2 Minuten) hinaus zu kommen. Als da wären:


Bild: Piper Verlag
Perspektive Porsche / Passion Porsche

„Das repräsentative Werk zum neuen Porsche-Museum in Stuttgart-Zuffenhausen: ein opulenter Doppelband im Schuber zur Architektur und zu den Autos, der Maßstäbe setzt – wie das Museum selbst.“, heißt es auf der Verlagshomepage. Und damit ist eigentlich auch schon alles gesagt. Das Werk umfasst zwei Bände, jeweils in Breitformat mit Schutzumschlag und Lesebändchen, die in einem engen Schuber geliefert werden. Gestalterisch passt das ganze tatsächlich gut zu dem Betonklotz, der nunmehr das Porsche-Museum beherbergt – mehr aber auch nicht. Wirklich aufregend ist die Gestaltung nicht, eher durchschnittlich. Aber ausreichend, wenn es gegenüber Laien den stattlichen Preis von 118,00 € zu rechtfertigen gilt. Mein Eindruck: Ein Imageklotz, der teuer bezahlt werden darf. Wer weiß mehr über Thema und Inhalt?
Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG: Perspektive Porsche / Passion Porsche. Piper Verlag 2009. 392 Seiten mit 280 Fotos und 600 Abbildungen, Preis: 118,00 € [D]. ISBN: 978-3-492-05229-0


Bild: Motorbuch Verlag
Mini Design: Past Present Future

Man kann den New Mini schön finden oder nicht. Das Buch über sein Design aber mit einem billig glänzenden (und damit Motorbuch Verlag-typischen) Schuber bei der Stiftung Buchkunst einzureichen ist entweder leichtsinnig oder saublöd. Zumal das Layout und die Herstellungsqualität des Buches – so ging aus dem beiliegenden Bewertungsbogen der Vorjury hervor – elementare Schwächen aufweist, die natürlich knockout-Kriterien sind. Für 98 € nicht nur ob der Thematik ein schrecklich schönes Vergnügen!
Othmar Wickenheiser: Mini Design - Past Present Future. Motorbuch Verlag 2009. 408 Seiten mit 88 s/w Bildern und 1063 Farbbildern, Format 297 x 297 mm, Preis 98,00 €. ISBN: 978-3-613-03123-4


Wenn Verlage und Buchgestalter das trotz einer solchen thematischen Steilvorlage nicht besser hinkriegen, weiß ich ja auch nicht...
Zurück in Halle 3 bei den großen Publikumsverlagen ließ ich den „Blick“ die Gemeinschaftspräsentation der Kleinstverlage abscannen. Meine Begleiterin Wiebke half sogar dabei, besten Dank nochmal. Ergebnis: Ein mittelgroß-quadratisches Kleinod!


Bild: http://www.schmidtkult.de
Schmidtkult-Chapron – Eine automobile Hommage

Der 2007 verstorbene Künstler Michael Schmidtkult machte „Autokunst“. Das bedeutete konkret: „Das Aufgreifen, Interpretieren, Arrangieren und Umwandeln ästhetisch-stilistischer Komponenten klassischer Fahrzeugteile“. Ein fünfköpfiges Team aus Freunden und Familienangehörigen wollte die Erinnerung an Schmidtkults Werk aufrecht erhalten und gab zwei Bücher heraus. „Schmidtkult“ behandelt die Kunst- und Designobjekte, „Schmidtkult-Chapron“ beschäftigt sich mit dem vom Künstler persönlich in 2.202 Stunden ausgeführten Umbau einer Citroën DS zu einem Chapron „Le Caddy“ Cabriolet. Das 48 Seiten starke Paperback zeigt dies in einigen hundert Bildern, der Text ist in Deutsch und Französisch verfasst. Für 50 bzw. 20 € sind die Bücher zu haben, hier kann man reinschauen und bestellen!

Soweit Teil 1, bald geht's weiter...

Freitag, 8. Oktober 2010

Preis-Tipp: Luxury Toys Classic Cars

Alle Fotos: www.teneues.com
Mein Erstkontakt mit diesem Buch ist schon ein paar Jahre her. Zwischen Kaschmirpullovern und Hermès-Krawatten lag es in einem teuren Mannheimer Modehaus herum, zusammen mit anderen Titeln einer Reihe über Luxus-Spielzeug. Ich kaufte weder Krawatte (sowas kommt mir als Fliegenträger eh' nicht an den Hals!) noch Pulli – und erstrecht kein Buch. Einerseits fand ich den Gedanken befremdlich, ein Buch in einer Kleidertüte durch die Fußgängerzone zu tragen: Falls mich die Straßenbahn der Linie 4 im Samstagsgewühl zufällig überrollt, dann doch bitte weithin als Leser erkennbar. Außerdem gebe ich kleinlaut zu, dass alle drei aufgezählten Waren mein Budget jeweils schon einzeln überstiegen – und mein familiärer Anhang ohnehin froh war, beim Einkaufsbummel mal nicht mit Altblech konfrontiert zu werden.


Nichtsdestoweniger war „Luxury Toys Classic Cars“ passend platziert. Denn nicht Auto-Mode von der Stange, sondern die „haute couture“ des Karosseriebaus ist das Thema des 26 x 32,5 cm großen Bildbandes. Es geht um Concours-Gewinner und solche, die es hätten werden können. Deren Rezept findet heute kaum noch statt: Man nehme einen zahlungskräftigen Kunden und schicke diesen mit seinen ausgefallenen Wünschen zu einem begnadeten, italienischen Karrosserieschneider à la Pininfarina oder Vignale. Der darf sich dann künstlerisch austoben und eine atemberaubend schöne Blechhülle über ein (nicht minder teures) Serienchassis dengeln.

Paolo Tumminelli hat als Herausgeber viele historische Fotos zusammengetragen, die einige der so entstandenen automobilen Glanzstücke in ihrem Urzustand zeigen. Sie wirken damit oft weniger glanzvoll, als sie heute auf den Concours d'Élégance im In- und Ausland präsentiert werden, totrestauriert oder besser als neu. Ein Glücksfall also für jeden, der sich für Automobildesign interessiert und die Prise Zeitgeist in einer blassen, improvisierten Farbaufnahme aus den 60ern zu schätzen weiß. Nur äußerst knapp sind die Fahrzeuge in Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch und Spanisch kommentiert. Und dies, wie der Herausgeber im Nachwort anmerkt, ausschließlich mit absolut gesicherten Informationen. Text in homöopathischen Dosen, leicht bekömmlich und sprachdidaktisch wertvoll.


Schade nur, dass das historische Bildmaterial mit aktuellen Aufnahmen gemischt wurde, die sich manchmal durch Unschärfe, manchmal durch unspektakuläre Motivwahl auszeichnen. Die von der Thiesen KG beigesteuerten Bilder des Aston Martin DB 6 Shooting Brake mögen beispielsweise als Verkaufsfotos ausreichend sein; für einen Bildband, der das Wörtchen „Luxury“ im Titel führt, sind sie aber zu unprofessionell, denn Proportionen und Form des Wagens werden nur unzureichend wiedergegeben. Auch trägt die Druckqualität nicht immer dazu bei, den Anspruch des Buches an sich selbst zu erfüllen.

Der teNeues Verlag verkauft das Buch gerade ab und hat es somit bereits aus der Preisbindung genommen. So ist es derzeit zu Preisen zwischen 15 und 21 € erhältlich und wird zum echten Schnäppchen. Sollte es Ihnen in einem Modehaus begegnen, greifen Sie zu – haute couture auf Rädern ist immer schick und passt perfekt zwischen zwei Buchdeckel.

Paolo Tumminelli: Luxury Toys Classic Cars. Kempen u.a.: teNeues Verlag 2008. Gebunden mit Schutzumschlag, 219 Seiten, ca. 20 €. ISBN: 978-3832792015.

Montag, 4. Oktober 2010

20th Century Classic Cars: 100 Years of Automotive Ads

Spaß muss nicht teuer sein, aber er darf so aussehen. Alles was Sie brauchen, ist ein wenig Phantasie und 29,99 €, gewürzt mit einem Fünkchen Interesse an amerikanischen Fahrzeugen aus allen Epochen. „20th Century Classic Cars: 100 Years of Automotive Ads“ heißt ein prächtig ausgestatteter Band aus dem TASCHEN-Verlag, der Sie in die fremde Welt der amerikanischen Autowerbung entführt.

Genauer gesagt ist das Buch eine „visuelle Automobil-Geschichte in Jahrzehnten mit über 400 Werbeanzeigen aus der Jim Heimann Collection“ mit Texten von Phil Patton, dem (Auto-)Designexperten der New York Times. Dieser beleuchtet in seiner Darstellung „technische Innovationen, historische Ereignisse und den Einfluss der Pop-Kultur aufs Fahrzeug-Design“.
Kein technisches Lehrbuch also, auch kein echtes Auto-Fachbuch, sondern eine Designgeschichte. Mehr noch: Eine Analyse der Wandlung der amerikanischen Automobilwerbung von ihrer Entstehung bis in die Gegenwart, die das Auto mal nicht als rein technisches Objekt, sondern als Ausdruck eines allgemeinen, kulturellen Zeitgeistes versteht.


Oldsmobile Starfire 98, 1957 (Bild: Taschen.com)
Ein Mammutprojekt? Beinahe. Jedes Jahrzehnt ist mit einer Einführung versehen, die in Englisch (Originaltext), sowie in deutscher und französischer Übersetzung vorliegt. Darin liegt ein kleiner Schwachpunkt, denn wenn in der deutschen Übersetzung von einem „hoch komprimierten“ V8-Motor gesprochen wird, aber eigentlich „hoch verdichtet“ gemeint ist, stutzt auch der ambitionierte Laie. Zumal technische Sachverhalte oft schon im englischen Text nicht differenziert genug ausgedrückt werden: Der Kleinwagen Honda 600 war im Jahre 1969 keineswegs „das erste Serienauto des Motorradherstellers“. Diese Unzulänglichkeiten sollten aber nicht überbewertet werden. Das Buch ist kein Nachschlagewerk zur Automobilgeschichte,  sondern das anschauliche (und kurzweilige) Soziogramm der amerikanischen Gesellschaft und ihres Automarkts: „Die Historie des Automobils ist die Geschichte einer ganzen Industrie. Eng mit Mode, Kunst, Film und Musik verknüpft, ist das Auto eine maßgebliche kulturelle wie auch ökonomische Größe.“, heißt es in der Einführung.


Ford Galaxie, 1960 (Bild: Taschen.com)
Auch Importwagen kommen nicht zu kurz, so z.B. der Renault 5, genannt „Le Car“. Er floppte auf dem „anderen“ Kontinent, trotz pfiffiger Werbeinszenierung. Nicht zu vergessen Mercedes-Benz, noch 1958 von seinem Importeur Studebaker-Packard mit Attributen wie „Haute Couture“ (220 S) oder „Sophisticated“ (300d) beworben. Konkrete Suchanfragen beantwortet ein nach Marken und Modellen geordnetes Stichwortregister am Ende des Buches. Das sollte zum Lesen und Blättern übrigens besser auf einem Tisch liegen: mit 480 Seiten und einem Format von 24 x 30 cm ist es für alles andere einfach zu riesig und zu schwer.




Wollen Sie nur knöcheltief in die amerikanische Autowelt eintauchen, wäre da noch das Buch „Cars of the 50s“, das schon für 4,99 € erhältlich ist. Neben einem (ebenfalls dreisprachigen) Einführungstext kommt das gut verarbeitete, fest gebundene Bändchen ohne weitere Kommentare aus, hier spricht die Werbung für sich. Eigentlich ein „Must-have“, wie der große Bruder.

Heimann, Jim/Patton, Phil: 20th Century Classic Cars: 100 Years of Automotive Ads. 480 Seiten, 23,8 x 30,2 cm, mit SU, 29,99 €. Taschen Verlag 2009. ISBN: 978-3-8365-1463-7

Als besonderer Service kann „20th Century Classic Cars“ auf der TASCHEN-Homepage durchgeblättert werden!

Heimann, Jim (Hg.): Cars of the 50s. 192 Seiten, 14 x 19,5 cm, mit SU, 4,99 €. Taschen Verlag 2009. ISBN: 978-3-8365-1427-9

Klassisch fahren und lesen mit Blech und Papier

Liebe Leser!

Im Jahre 2010 scheint das Analoge immer mehr obsolet zu werden. Verschiedenste elektronische Helferlein beherrschen den Auto-Wortschatz mit ihren Kürzeln und sorgen in den Steuergeräten herkömmlicher Pampersbomber für aseptisch-unverbindliches Vorwärtskommen. Autofahren ist so fade und schnellebig geworden, dass das urwüchsige Fahrgefühl im Old- oder Youngtimer so gefragt ist wie nie zuvor. Der zuweilen als lästig empfundene Spruch "Das war noch Blech!" drückt die Sehnsucht des Autofahrers nach Beständigkeit aus. Wo finden wir diese noch im mobilen Alltag, der mehr und mehr von Energiebilanzen als vom Spaß an der Fortbewegung bestimmt scheint?

Ferrari 250 GTO (Classic Days Schloss Dyck 2010)
Geht der Automobilist seinem Hobby nach, hat ihn überdies das Internet im Griff. Es überschüttet ihn täglich mit Inhalten zum Automobil und dessen Geschichte, durch alle Jahrzehnte, aus allen Blickwinkeln. Wo bleibt hier die Beständigkeit, die wir so sehr vermissen? Was heute angeklickt wird, könnte schließlich schon morgen aus der virtuellen Welt verschwunden sein. Die Lösung: Das Buch in seiner klassischen, papierenen Form. Jährlich schwemmt es in Hundertschaften auf den Markt und transportiert alle möglichen Themen über Old- und Youngtimer, die somit auch vom Sofa aus genießbar werden. Diese Bücher sind oft das Resultat jahrelanger Recherchen und mühevoller Kleinarbeit, und so manche Perle geht in der schieren Masse der Neuerscheinungen unter, ja bestenfalls bleibt sie als Geheimtipp einem engen Kreis Eingeweihter vorbehalten.

Bücherschrank in August Horchs Arbeitszimmer (August Horch Museum Zwickau)
Hier hat das Internet aber doch noch ein As im Ärmel: als Multiplikator kann es für gute Bücher Werbung machen – und deshalb gibt es dieses Blog. Hier sollen künftig Rezensionen zu Neuerscheinungen und zu antiquarischen Titeln erscheinen – kritisch, differenziert und mit einem Quäntchen Enthusiasmus für Thema und Medium gewürzt. Besonderen Wert lege ich deshalb nicht nur auf schlüssig und lesbar dargelegte Inhalte, sondern auch auf die Ästhetik des Buches selbst. Was gibt es betörenderes als schöne Autos in schönen Büchern?

Als Motorjournalist und Buchwissenschaftler treibt mich einfach die Leidenschaft. Und mit dieser bin ich in der Oldtimerszene wohl nicht allein. Kommentare sind daher ausdrücklich erwünscht, Tipps oder Warnungen (vor schlechten Büchern) ebenfalls. Wer außerdem mitbloggen möchte, möge sich melden, denn Gastautoren bringen Farbe in die Sache.

In diesem Sinne: viel Spaß beim Lesen!
Fredo