Dienstag, 30. August 2011

Die Abenteuer von Jacques Gibrat: Die Bande der Weindiebe

Bild: Salleck Publications

Jacques Gipar ist Reporter. Einer von der Sorte, die nicht locker lassen, und deshalb einen "mords" Comic-Helden abgeben. Dass Jacques nun auch auf Deutsch die Route Nationale 7 rauf- und runterfährt, um "Die Bande der Weindiebe" zu jagen, ist erneut Eckart Schott von Salleck Publications zu verdanken, der sich ja auch hingebungsvoll um die Zeitungs-Novizin Margot kümmert. Allerdings hat Jacques im Rahmen der Übersetzung seinen Namen ändern müssen und heißt hierzulande nunmehr Gibrat – doch beginnen wir von vorne.
Bild: Blog Jacques Gipar
2010 erschien das französische Original « Le Gang des Pinardiers », von dem inzwischen die dritte Auflage erschienen ist. Ein Pinardier ist ein Weinfrachter im weitesten Sinne, und hier ganz speziell ein Lastwagen, der das wichtigste Grundnahrungsmittel der Franzosen –mittelprächtiger Rotwein, genannt Pinard – quer durch die République transportiert. Ununterbrochener Nachschub war wichtig: In der Erntezeit trank ein durchschnittlicher Arbeiter schon mal bis zu 5 Liter Wein – pro Tag!
Im Blog von Jacques Gipar heißt es zum transporttechnischen Hintergrund auszugsweise:

Bild: Blog Jacques Gipar/Charge Utile
Die industriellen Aktivitäten des Landes konzentrierten sich auf den Norden, der Weinanbau fand aber im Süden statt. Anfangs wurde die Hauptstadt per Schiene oder über die Binnenflüsse mit Wein versorgt, doch nach dem Zweiten Weltkrieg verlagerte sich der Transport zunehmend auf die Straße. Der Vorteil eines Lastwagens bestand darin, dass die Ladung nicht so oft umgeladen werden musste, was Zeit sparte. Die Pinardiers machten ihre Tanks bei Weinbauern oder Winzergenossenschaften voll, fuhren durch bis Paris und belieferten dort die Großhändler an den Ufern der Seine, in Bercy, 12. Arondissement.
Bild: Blog Jacques Gipar
Die Transportgeschwindigkeit spielte im Vergleich etwa zu Gemüsespediteuren, die stets frische Ware liefern mussten, eine untergeordnete Rolle. So bevorzugten Weinspediteure die Lastwagen der Marke Bernard: langsam, aber dafür robust konstruiert. Doch auch alle anderen Lkw-Hersteller waren in ihren Reihen vertreten: Berliet, Latil, Unic, Willème, Somua usw...


Und damit zurück zu Jacques Gipar... – pardon, Gibrat: Wir schreiben das Jahr 1953, und unser Reporter fährt mit einer Simca Aronde auf der RN 7 nach Paris. Auf dem Weg stößt er auf einen verunfallten Weinlaster und wird neugierig: Nur knapp war der Fahrer einer Bande entkommen, die seinen Laster klauen wollte. Jacques recherchiert, quasi auf voller Länge und in allen Richtungen der RN 7, und gerät dabei selbst ins Kreuzfeuer der Weindiebe.

Bild: Éditions Paquet
Die Autoren sind jeweils Meister ihres Fachs: Thierry Dubois ist nicht nur Zeichner, sondern auch Spezialist für die Geschichte der alten Route Nationale 7, der wichtigen Nord-Süd-Fernstraße im Frankreich der 50er und 60er Jahre. Jean-Luc Delvaux ist Oldtimerfan und zeichnet daher fast durchweg Geschichten, die mit Autos zu tun haben – unter anderem karikiert er mit "Gazafond" jeden Monat den Redaktionsalltag bei der Oldtimerzeitschrift GAZOLINE, und der Krimi « L'Assassin au Double Chevron » (erschienen in der Zeitschrift Citropolis) spielte im Citroen-Werk. Das neue Abenteuer von Jacques Gipar, «Le Retour des Capucins» ist gerade auf Französisch erschienen, und es bleibt zu hoffen, dass dieser und auch die vielen anderen Comics aus Jean-Lucs schwungvoller Tuschfeder den Weg über den Rhein finden. Bis dahin bleibt "Die Bande der Weindiebe" ein nostalgisch gefärbtes, temporeiches Album, das einfach nur Spaß macht. Besonders geeignet natürlich für all jene, die ein Wein-Laster haben.................

Dubois, Thierry, Delvaux, Jean-Luc: Die Bande der Weindiebe. Wattenheim: Salleck Publications 2011. 48 S., 31,4 x 24 x 1 cm, Hardcover, 12,90 €.
Erhältlich im Buchhandel oder direkt beim Verlag.

Bild: Salleck Publications

Eine signierte, limitierte Vorzugsausgabe ist zum Preis von 29,90 € erhältlich. 

Originalausgabe: Le Gang des Pinardiers. Éditions Paquet 2010. 






Montag, 29. August 2011

Ruhestein-Bergrennen 1946



Ein Bergrennen zu einer Zeit, der es an allem fehlte – anno 1946 hatte man eigentlich andere Sorgen. Im SP-Verlag ist nun ein Buch erschienen, das anhand von 120 zeitgenössischen Fotos die Geschichte des Ruhestein-Bergrennens erzählt. Das Vorhandensein dieser Fotos ist ein Glücksfall, das Buch insgesamt ein Paradebeispiel für die Situation des Motorsports unmittelbar nach dem Krieg.


Michi hat in seinem Oldtimerblog bereits eine kleine Rezension mit einigen Bildern aus dem Inhalt veröffentlicht. 


Das Buch kostet 19,90 € und kann direkt beim Verlag bestellt werden.
ISBN: 978-3-9812106-0-6



Freitag, 19. August 2011

2375 Gramm Autokultur: RAMP im Doppelpack!

Das ist mein persönliches Lieblings-Fundstück der Woche: ramp im Doppelpack, entdeckt und gekauft am Mainzer Hauptbahnhof, und mit 15 € sportlich günstig. Aber gewichtig: "2375 Gramm pure Autokultur" verspricht die Verpackung, und das passt nicht zuletzt zum grundsätzlichen Anspruch des Magazins an sich selbst. Schließlich ist ramp laut Verlag ein "opulent-lustvolles Coffee-Table-Car-Book mit multi-thematischem Zugang". In Druckveredelung, Typografie und Fotogestaltung stiehlt jede einzelne Ausgabe jedenfalls so manchem "echten" Buch die Schau. Vier solcher Augenweiden erscheinen pro Jahr, zum regulären Preis von 15 € für knapp 250 Seiten.

Bild: Kress Mediendienst
Was hinter dem ganzen steckt, erzählt der Herausgeber Michael Köckritz in diesem Classic Driver- Interview. Sein Verlag Red Indians tanzt als "modernes kreatives Medienentwicklungslabor" nämlich auch aus der Reihe. Der Erfolg gibt ihm recht; indes wäre höchstens 'mal zu klären, was "Autokultur" eigentlich genau ist...

Auf der Homepage können alle Ausgaben durchgeblättert und (nach)bestellt werden.

Bild: Classic Driver

Dienstag, 16. August 2011

Elektrisierende Spannung: The Detroit Electric Scheme

Nie steckte so viel "Spannung" in einem Krimi wie im Falle von „The Detroit Electric Scheme“. Der Ort des Verbrechens ist nämlich kein geringerer als die Werkshallen der Anderson Carriage Company – Hersteller der legendären Elektro-Automobile der Marke Detroit Electric in den 1910er Jahren...

Bild: Minotaur Books
Will Anderson hat ein Problem: sein früherer Freund John Cooper liegt in einer Tiefziehpresse in der Fabrik seines Vaters – bis zur Unkenntlichkeit zerquetscht. Es gibt keine Zeugen, es ist Nacht, Will flieht, blutbesudelt. Doch Detective Riordan, ein stereotyper Polizist mit Hang zum Sadismus, kommt ihm recht schnell auf die Schliche, und dann macht die Presse Will auch noch zum „Electric Executioner“. Verdächtig ist er nämlich vor allem deshalb, weil Cooper der Verlobte seiner Verflossenen, Elizabeth, war und er darüber hinaus in aller Unschuld seine Spuren zu verwischen versucht. Gemeinsam mit seinem Freund Wesley versucht Will auf eigene Faust, den Mörder zur Strecke zu bringen – womit er aber nur noch mehr Morde auslöst, die Riordan (natürlich) ihm anhängen will. So arbeitet der Roman mit allen Zutaten des klassischen Kriminalromans: das unschuldige Opfer (aus dessen Sicht die Geschichte erzählt wird), der fiese Kriminalist mit der Zigarre, loyale Freunde, eine emotionale Nebenhandlung, sowie deftige Spannungsmomente in regelmäßigen Abständen, gekrönt von einem blutigen Showdown auf den letzten zehn Seiten. Ein Happy End gibt es nicht, immerhin aber den erlösenden Sieg der Gerechtigkeit.

Daniel Edward Johnson hat mit „The Detroit Electric Scheme“ seinen Debütroman vorgelegt und einen Volltreffer gelandet. Die organisch eingeflochtenen Hintergründe zum historischen Kontext und zu den Aktivitäten von Detroit Electric und der restlichen Automobilwirtschaft wirken nicht „gewollt“, sondern sind organischer Bestandteil der Handlung. Historische Persönlichkeiten wie der junge Edsel Ford, die unflätigen Dodge Brothers oder Mafiagrößen wie Vito Adamo gehören ebenso zum romanesken Inventar wie das Automobil.


Bild: D.E. Johnson: Detroit Electric
Leider gibt es den Roman nicht auf Deutsch, und es steht zu bezweifeln, ob sich überhaupt ein deutscher Verlag dieses Themas erbarmen wird. Wer gute Englischkenntnisse hat, sollte zurecht kommen, denn die Geschichte ist nicht allzu kompliziert geschrieben. Hier kann man in das erste Kapitel reinlesen!

Dan Johnsons Webseite beinhaltet auch einen Blog, der in regelmäßigen Abständen mit Hintergrundinfos gefüllt wird. Etwa, dass es zur damaligen Zeit hunderte, vielleicht sogar tausende tödliche Unfälle mit Tiefziehpressen gab...und es dennoch lange dauerte, bis die heute übliche Bedienung durch zwei Arbeiter über zwei separate Knöpfe eingeführt wurde.

 

Krimileser werden „The Detroit Electric Scheme“ spannend und unterhaltsam finden, Autofans werden sich dabei auch noch gut informiert fühlen. Das meint übrigens auch die amerikanische Presse: 
“D.E. Johnson's intriguing mystery debut, The Detroit Electric Scheme, is an action packed thrill ride ... one of those rare novels that is both action driven and character driven. ... Antique automobile enthusiasts as well as American history buffs will enjoy The Detroit Electric Scheme. The unique setting - Detroit in 1910 - makes this novel worth reading. Were times simpler back then? Not according to this superb mystery.”


D.E. Johnson: The Detroit Electric Scheme. New York: Minotaur Books 2010. 320 Seiten, 20,8 x 14 x 3,3 cm. ISBN: 978-0312644567. Preis: ab 13 €.

Mittwoch, 10. August 2011

Autobücher im Netz: Folge 1

Das Internet hält fast überall etwas zum Thema Autobücher bereit – man muss es nur finden. Wer seine Web-Tipps gerne teilen möchte, darf sie mir gerne mailen oder auf unserer Facebook-Pinnwand verewigen. 

Bild: Veloce Today
„Delage – La belle voiture française“ heißt ein 2005 erschienenes Buch von Daniel Cabart und Claude Rouxel. Deutsche Leser wird vor allem die Sprache am Kauf gehindert haben. Doch es gibt eine englische Ausgabe: „Delage – Frace's Finest Car". Pete Vack von Veloce Today hat die beiden Bände ausführlich rezensiert und gleich noch eine zweiteilige Delage-Historie (mit Bildern aus dem Buch) mitgeliefert! Und ein Klick auf die Seite von Dalton Watson Fine Books fördert nicht nur den Preis, sondern auch andere bemerkenswerte Titel zutage...

Bild: Dokument Press
Meine Oma ermahnte mich stets: „Nicht über den Rand malen!!“. Ich war noch keine sechs Jahre alt und hatte schon etliche Malbücher verschlissen. Hätte ich dieses hier gehabt, wäre ich vielleicht sorgfältiger zu Werke gegangen: Das „Lowrider Coloring Book“ mit ausmalfähigen Zeichnungen von Lowridern jeder Art und Form. Für spätinfantile Erwachsene ist es ebenso gut geeignet wie für Kinder, was auch das nachfolgende Promotion-Video beweist. Achja: für 6,90 € ist sicher eine doppelte Anschaffung für Vater und Nachwuchs drin...
Oscar Nilsson: Lowrider Coloring Book. Dokument Press, 1. Auflage 2011, 64 Seiten, Maße 27,6 x 21 x 0,8 cm, ISBN-13: 978-9185639410, 6,90 €.




Bild: Delius Klasing
Über den Nürburgring gibt und gab es unzählige Bücher. Neu ist „Grüne Hölle Nürburgring“ von Gregor Messer und Ferdi Kräling, das jetzt bei Delius Klasing erschienen ist. „Die größten Sieger, die größten Tragödien, die spannendsten Rennen - Motorsporthistoriker kommen hier genauso auf ihre Kosten wie PS-Junkies und Freunde der Motorsportfotografie.“, meint der Rezensent der Motor Klassik, und liefert eine feine Fotoauswahl gleich mit!



Hino
Bild: feltron
Zum Abschluss noch etwas Typografisches mit Auto, aber ohne Buch: Auto Type! Nicholas Felton hat in einem flickr-Album viele Schriftzüge vornehmlich amerikanischer Autos zusammengetragen. Eine Gruppe „Car Type“ gibt es bei flickr übrigens auch, die sich aber mit Schrift auf und an Fahrzeugen in jeder Form beschäftigt. Und dann gibt es auch noch cartype.com...

Donnerstag, 4. August 2011

Nur echt mit ohne BMC: The Last Real Austins – 1946 to 1959

Bild: Veloce Publishing
Austin ist ein Name, der hierzulande noch am ehesten mit dem Mini oder dem rustikalen Seven in Verbindung gebracht wird. Und um genau diese beiden geht’s hier nicht: "The Last Real Austins – 1946 to 1959" von Colin Peck thematisiert die Zeit der letzten "echten" Austins ab 1946. 

Einen Pferdefuß hat dieser Ansatz natürlich, und das gibt der Autor auch unumwunden zu: 1952 gegründet, sind fast alle dargestellten Typen Sprösslinge der British Motor Corporation; allerdings hatten die unter dem BMC-Dach vereinten Marken noch genug Selbständigkeit behalten, um nur die Motoren miteinander teilen zu müssen.


Dass im kontinentalen Europa nun aber höchstens ein paar Insider konkrete Typen mit dem angegebenen Zeitraum in Verbindung bringen können, ist keine Schande. Umso mehr lohnt es sich, einen Blick in das schmale, fadengeheftete Paperback aus der Reihe "Those were the days" zu werfen. Historische Fotos sind entgegen dem Reihentitel in der Unterzahl, doch glänzen die Abbildungen allgemein durch gute Qualität, auch was den Druck angeht. Dass nicht wenige Aufnahmen in amerikanischen Vorgärten entstanden sind, verwundert schon nach dem Lesen der ersten Seiten kaum mehr: Großbritannien hatte Kriegsschulden zu begleichen, das Exportgeschäft wurde für die Industrie quasi obligat, und so hatte Austin-Chef Leonard Lord die USA als Absatzmarkt forciert. 

Bild: www.thetruthaboutcars.com
Austins erste Nachkriegsentwicklung A40 Devon verkaufte sich ab 1947 daher kaum im Vereinigten Königreich – und ist in seiner gesamten Erscheinung dennoch ein Stereotyp britischer Automobil-Formgebung der Nachkriegszeit. Noch heute hält sich in Amerika eine große Fangemeinde, ganz zu schweigen von den Überlebenden aus der kanadischen Lizenzfertigung. Aus dem A40 Devon entwuchs der Nachfolger A40 Somerset, aber auch der größere A70 Hampshire


Video: Austin Car Plant in Action

Bild: http://bringatrailer.com
Neben den herkömmlichen Saloons offerierte Austin auch sportliche Versionen wie den A90 Atlantic (für die USA bestimmt, und entgegen aller Erwartungen in Großbritannien viel besser verkauft) oder auch der A40 Sports, den Jensen konfektionierte. Nicht zu vergessen die Modellfamilie der kleinen A30, die durch identische Motorisierung direkt mit dem Morris Minor konkurrierten.
1955 krempelte man in Longbridge die gesamte Modellpalette um: Nun gab es neue, familienfreundliche Limousinen mit den Namen A40, A50 und A90, letzterer mit Sechszylinder. 

Bild: Phil Seed's Virtual Car Museum
Auf dessen Basis entstand der A105 als Luxusversion: er teilte sich den Motor mit dem Austin-Healey 100/6. Und damit zu den Schwächen des Buches: Die Austin-Healeys hätte man aussparen können; sie kommen neben dem Atlantic und dem A40 Sports in einem Kapitel vor, das mit "Sports Cars – some were and some weren't!" überschrieben ist. So ist das Buch nicht chronologisch in die deutlich abgrenzbaren, oben beschriebenen Modellgenerationen aufgeteilt, sondern beginnend mit der amerikanischen Exportgeschichte wird das Thema über "Small family cars" zu "Family cars" bishin zu den "Luxury Cars" (z.B. A125 Sheerline oder auch Princess) aufgerollt. Hinzu kommen Taxis, leichte Nutzfahrzeuge und der Metropolitan


Video: I am a Car – Version I.

Dass durch die Einteilung in Fahrzeugklassen so manche Geschichte doppelt erzählt wird, stört: So findet sich der A35 Van nicht nur im Kapitel der kleinen Familienwagen, sondern auch bei den Nutzfahrzeugen. Technische Daten fehlen leider, Einblicke in die Innenräume oder technische Detailansichten außerdem. Immerhin gibt es ein Register, mit dem sich die verschiedenen Typen leicht auffinden lassen. Und je länger man so vor sich hin stöbert, desto größer wird die Lust auf eine Probefahrt am Steuer eines der letzten echten Austins!  


Peck, Colin: The Last Real Austins: 1946 to 1959 (Those Were the Days...). Dorchester: Veloce 2009. 19,1 x 20,5 x 0,8 cm, 96 S., Paperback mit Fadenheftung, Englisch. ISBN: 978-1-84584-193-5. Preis: Ab 10 €, UVP: £ 14.99.