Freitag, 21. Oktober 2011

Neues vom Küchentisch: Auto

Bild: Hermann Schmidt Verlag
Ein wenig Faden, ein paar Knöpfe, Draht, oder was sonst noch so auf dem Küchentisch herumliegt: mehr braucht es nicht, um ein Auto zu gestalten. Richtig mit Rädern und Karosserie und so. Jaja, zugegeben – Stift und Papier wären auch eine Lösung. Die wäre aber nicht halb so witzig, denn der Designer Sebastian Cremers wollte wohl in erster Linie seinem dreijährigen Sohn eine Freude machen. So kann dann auch mal ein Wattestäbchen als Raketenreiniger auf Rädern vorbeirasen, mit einem Schweif, so lässig wie eine Elvis-Tolle beim Föhnen.
Oder wie wäre es mit dem wohl rudimentärsten John Deere- Traktor ever? Eine Kombination aus Blechdose, Holz-Irgendwas und sonstigem Zeug schafft, dass es kein Lanz wird. Trotzdem hat das der Betrachter zuallererst dem Assoziationsvermögen seines Hirns zu verdanken. Sie erinnern sich: das ist dieses weiche Ding im Oberstübchen, das gerade den berufsmäßig Kreativen zu Kopfschmerzen und wilden Einfällen verhilft. 
Cremers‘ kreative Kreationen jedenfalls beweisen, dass es nicht viel braucht, damit der Mensch „Auto“ denkt. Fast schon eine visuelle Tautologie: Der Alltagsgegenstand wird aus Alltagsgegenständchen immer neu erfunden. Der Betrachter grinst, und ertappt sich sogleich beim Rätseln über die Provenienz der Einzelteile.
Eine „Fahrschule des Sehens“ nennt es der Verlag Hermann Schmidt aus Mainz, hat dabei aber auch an die Haptik gedacht: nicht nur der Einband weist einen satinierten Folienüberzug auf, auch die Seiten sind auf diese Weise veredelt. Das sorgt für ein besonderes Gesamterlebnis und das Fazit: „Auto“ ist eine simple, aber grandiose Idee, und dazu noch ganz famos umgesetzt. Dank Oberstübchen!
Sebastian Cremers: Auto. Mainz: Verlag Hermann Schmidt 2011. 64 Seiten, 30 farbige, mit Achilles soft touch folienveredelte Abbildungen. 17,5 x 12,2 cm. Fadenheftung, Festeinband, ISBN: 978-3-87439-823-7. Preis: 15 Euro.

Samstag, 15. Oktober 2011

Der ADAC Motorwelt Autobuch-Preis 2011

Die Frankfurter Buchmesse bot dieses Jahr eine Premiere für Auto-Enthusiasten: Die Vergabe des ADAC Motorwelt Autobuch-Preises an die Autoren und Verlage der besten Autobücher. Als wohl einziger Preis seiner Art in Deutschland ersetzt er nunmehr den MPC-Autobuchpreis des Motor-Presse-Club.

Thomas Burkhardt vom ADAC betonte in seiner Rede den Zweck des Preises: er solle das Autobuch fördern, da dieses es schwer habe, mehr als nur eine Nische zu finden. Die fünfköpfige Jury habe ihre Entscheidung dahingehend „mit Kompetenz und Emotion getroffen“.
Initiator und Jurymitglied Jürgen Lewandowski überreichte den Preisträgern die Auszeichnungen in fünf Kategorien, die unten stehende Liste spricht für sich. Dennoch seien einige Titel hervorgehoben:

In der Kategorie „Design“ landete das Buch „Waft 2“ auf dem zweiten Platz – Kenner erinnern sich noch an den ersten Band, der mit individuellen Ölflecken auf dem Deckel daherkam. Waft ist ein Paradebeispiel dafür, wie ein Buch nur aus Leidenschaft für die Sache, und nicht aus wirtschaftlichem Kalkül entstehen kann. Die Autoren Bart Lenaerts und Lies de Mol, zwei Belgier „mit dem Mut zu völlig ausgefallenen Sachen“, besprühten jeden einzelnen Buchdeckel der auf 1000 Exemplare limitierten Auflage einzeln mit dem Lack eines besonderen Fahrzeugs. 

Das erstplatzierte Buch der Kategorie Design hatte es schon schwer, überhaupt zu erscheinen: Grafikdesigner Sven Voelker war aufgefallen, dass niemand darüber sprach, wer eigentlich die berühmten Rennwagen der 70er Jahre gestaltet hat. Zur Lösung des Problems fotografierte er die Spielzeugautos seiner Jugend in zwei unterschiedlichen Verkleidungen: erst original und farbig, dann in einer Livrée aus weißer Kreidestaub-Farbe. „Jeder Modellauto-Sammler wäre empört über das, was ich mit den Autos angestellt habe!“, scherzt er, doch das Buch „Go Faster“ entschädigt für vieles. Es ist eine wohltuende Abweichung von der Konvention, an der Schnittstelle zwischen Automobil-Thematik und Grafikdesign. 

Den ersten Preis in der Kategorie „Motorsport“ räumte ein Buch ab, über dessen Titel die Macher angeblich lange grübeln mussten. Darf man denn „Geile Zeit“ als Titel für ein Buch wählen? Preisverteiler Lewandowski war sich sicher: „Man darf! Jeder, der sich an die Deutsche Rennsport-Meisterschaft erinnert, wird so empfinden und seine Freude an dem Buch haben.“

In der Kategorie „Sonderpreis“ wurden Bücher ausgezeichnet, die sonst in keine Kategorie hineinpassen wollten, aber trotzdem eine Auszeichnung verdient hatten. So zeigt das Buch „Wem der Himmel offen steht“, warum Cabriofahren etwas besonderes bedeutet. Und Kai-Uwe Merz hat mit „Der AGA-Wagen – eine Geschichte aus Berlin“ ein Stück deutscher Automobilgeschichte vor dem Vergessen gerettet.

Abseits jeder Kategorisierung sind es vor allem diese letztgenannten Bücher, die als wahre Helden aus der Preisverleihung hervorgegangen sind. Bleibt zu hoffen, dass sich der Autobuch-Preis für die Zukunft einen Rahmen sucht, der über das Zusammentreffen von Jury und Preisträgern hinausgeht. Vor einer breiteren Öffentlichkeit wäre es schließlich wohl noch leichter, das Autobuch aus seiner Nische heraustreten zu lassen!
Weitere Informationen im ADAC Blog zu automobiler Literatur


Die Preisträger:


Marke:

1) The Porsche Book
Frank M. Orel

2) Jeep – Das Original – Seit 70 Jahren
Jürgen Zölter und Markus Bolsinger

3) Trabant – Legende auf Rädern
Frank Rönicke









Design:

1) Go Faster – The Graphic Design of Racing Cars
Sven Voelker
2) WAFT 2
Bart Lenaerts und Lies de Mol
http://www.waft.be
3) Lamborghini – Leidenschaft im Zeichen des Stiers
Decio Giulio Riccardo Carugati








Biographie:


1) Doppelsieg Paul Pietsch – Der Rennfahrer und Verleger
Mike Riedner
2) Rennsportlegende Gerhard Mitter
Siegfried C. Strasser
Schneider Media








Motorsport:

1) Einfach eine Geile Zeit – Deutsche Rennsport-Meisterschaft 1972-1985
Gustav Büsing & Uwe Mahla
2) The Golden Age of Formula 1
Rainer W. Schlegelmilch
3) Porsche 917 x 17
Jeffrey R. Zwart








Sonderpreis: 

1) Wem der Himmel offen steht
Franz Josef Kortüm (Hrsg.)

2) AUTO – Das große Sammelsurium
Thomas Pospiech
3) Der AGA-Wagen ñ Eine Automobil-Geschichte aus Berlin
Dr. Kai-Uwe Merz
4) Traumgaragen Deutschland 1.0 – gelebte Träume privater Sammler
Fritz Schmidt jr.
5) Volltanken, bitte! 100 Jahre Tankstelle
Christof Vieweg
6) Prinzenpark – Die ersten Auto- und Motorradrennen der Nachkriegszeit
Edmund Schimpf