Donnerstag, 26. Januar 2012

Autobücher im Netz (3): Von innen und außen

Bild: Debeos Studios

Das hat noch gefehlt: Ein Bildband über Auto-Innenräume! Dieser hier ist zwar „nur“ der Marke Mercedes-Benz gewidmet, schildert dabei aber die „Geschichte der Innenraumgestaltung von den Anfängen des Automobils bis zur Gegenwart und bietet dem Leser interessante Einblicke in die Modelle von morgen.“ Durch spezielle Druckveredelung soll zudem ein dem Thema angepasstes, haptisches Erlebnis geschaffen werden. Das alles klingt viel versprechend, und ist – der Leseprobe nach zu urteilen – mit phantastischen Fotos ausgestattet!
Harry Ruckaberle, Christof Vieweg: Mercedes-Benz Design Interieur. Debeos-Studios 2011. 202 Seiten, Format 25 x 30 cm. Über 180 Abbildungen, davon 14 in 3D (Brille im Buch). ISBN 978-3-9814397-1-7 (deutsch), 978-3-98114397-2-4 (englisch). Preis: 98 Euro zzgl. Versandkosten. Achtung, limitierte Auflage!

Auch rund um die zweite Stuttgarter Marke finden sich immer wieder Themen, die noch nicht als Buch verwurstet wurden. Andreas Gabriel ist Autor und Verleger in Personalunion; zuallererst ist er aber Porsche-Fan. Da fiel es ihm wohl leicht, eine noch unbesetzte Nische zu finden: Porsche Speedster – auf den Spuren einer Legende heißt sein Buch. Zitat: „Dieser umfassende Bildband mit faszinierenden Aufnahmen erzählt erstmals die komplette Speedster Story, beginnend mit dem Vorläufer Porsche 356 America Roadster aus dem Jahr 1952 bis hin zum letzten 911 Speedster aus dem Modelljahr 2011.“ Das Magazin Porsche Fahrer meint: „Sieht gut aus, macht was her und geht für 39,80 Euro völlig in Ordnung.“
Andreas Gabriel: Porsche Speedster. Berlin Motor Books 2011. ISBN: 978-3981459203, Preis: 39,80 Euro. Zur Leseprobe!

Die „Autos der Maharadschas“ werden 2012 beim Concours d'Élégance in Pebble Beach eine eigene Kategorie haben. Die Kollegen vom Hemming's Blog haben dies zum Anlass genommen, einen passenden Artikel aus der Zeitschrift Special Interest Autos auszugraben. Very interesting!









Und wenn wir schon von Pebble Beach reden, darf Jay Leno auch mal wieder ran. Diesmal interviewt er Winston Goodfellow, einen der Autoren des Buches „Speed Style and Beauty: Cars from the Ralph Lauren Collection“. In Deutschland ist das Werk (in unveränderter Aufmachung) bei Delius Klasing unter dem Titel „Automobile Raritäten: Die exklusive Sammlung des Ralph Lauren“ erschienen. 

Dienstag, 10. Januar 2012

Statt klebrige Brezeln: Billige Autobücher!

Regelmäßige Bahnfahrer werden am Ende eines Arbeitstages nicht selten in die verwundenen Fänge salzigen Knotengebäcks getrieben. Auch meine Wenigkeit. Deshalb ist es Zeit für Teil 1 einer therapeutischen Selbstläuterung durch billige Autobücher!

Da die Konsistenz der meisten Brezeln zwischen „halb durch“ und „furztrocken“ oszilliert, fällt das Aufhören sogar recht leicht. Wie es noch leichter geht? Ganz einfach: Für's gleiche Geld Autobücher kaufen! Na, die Kurve hab' gerade noch mal gekriegt, oder?
Dank den großen Gebrauchtbuch-Börsen (wie z.B. Booklooker.deZVABAbebooks oder Amazon Marketplace), gelegentlich aufkommender Langeweile, gepaart mit kultiviertem Schatzsucher-Instinkt und dagoberteskem Geiz, kann das Automobil-Geschichten-Bücherregal auch ohne große Finanzkraft wachsen:

Fritz B. Busch: Einer hupt immer.

Die Sache ist so simpel wie einfach: Wer's nicht hat, sollte es ganz dringend brauchen. Typisch Busch:
„Automobilfabrikanten erliegen grundsätzlich dem Irrtum, es handle sich bei den Käufern ihrer Kombi-Wagen ausnahmslos um passionierte Golfspieler. In Wirklichkeit handeln diese mit Altenländer Dauerwurst.“ Ein Exemplar der 4. Auflage von 1965 mit Schutzumschlag kostete mich gerade mal 0,25 € (mit Versand schließlich 1,55 €), es existieren auch diverse rororo-Ausgaben zu ähnlich günstigen Preisen, deren Seiten indes gerne mal durch altersschwache Klebebindung wegflattern.


Ferdinand Hediger: Oldtimer. Interessante Automobile von 1885 bis 1939


Die Reihe der Hallwag-Taschenbücher schnitt Ende der 70er so ziemlich alle Interessengebiete an, stets im handlichen A6-Format. Oberflächlichkeit ist daher Trumpf, aber das macht nichts. Auf einer Doppelseite finden jeweils zwei Automobiltypen Platz: links stehen die beiden Textabschnitte, rechts die Fotos. Eingeteilt ist die Modellauswahl in die Kategorien „Ahnen“ (1885-1904), „Veteranen“ (1905-1918), „Vintage-Wagen“ (1919-1930) und „Klassiker“ (1931-1945) – also all das, was der gemeine Oldtimerfan heutzutage plump unter „Vorkrieg“ subsummiert. Ganz stark runtergekochtes Grundlagenwissen also, damit aber bestens geeignet für Unkundige jener Großepoche. Am Ende findet sich ein nützliches kleines Literaturverzeichnis – schade nur, dass die dort verzeichneten Bücher heute z.T. stolze Sammlerpreise haben. Aber so ist eben der Lauf der Automobil-Geschichten. Preis: lächerliche 0,49 €!

So wird’s gemacht: VW Passat von 8/73 bis 8/80


Die angebotene Ausgabe stammte in etwa vom Anfang der 90er Jahre. Obwohl ich keinen Passat besitze und diese Autos aufgrund ihrer sprichwörtlichen Rostanfälligkeit ohnehin eher meide (die Dinger sind so spießig, dass sie sich nach dem Kauf vor Scham wohl gleich selbst verdauten!), schlug ich bei einem Preis von 1,46 € zu: Der Satz „Neu und noch eingeschweißt“ strahlte mir entgegen wie Nordlichter einem Exil-Eskimo. Ich denke, ich lasse die Folie drauf – spätestens, wenn die historische Buchforschung das Thema „Verpackungstechnik“ für sich entdeckt, ist ein bisschen Anschauungsmaterial bestimmt gerne gesehen!

Frank Lämmel: Kleine Philosophie der Passionen. Autofahren.


Preis: 1,25 €. Was genau dieses Buch will, hat sich mir noch nicht ganz erschlossen. Und nach der ersten Seite hat mich die Lektüre auch nicht wirklich gepackt. Ich zitiere deshalb mal den Klappentext: „Frank Lämmel, selbst Genußfahrer, erzählt von der Leidenschaft auf vier Rädern, hierzulande und anderswo. Er kennt die Frauen am Steuer und die stets bremsbereiten Beifahrer, er weiß alles über 007-Verfolgungsjagden und Road Movies, berichtet von Rennfahrern, Trampern und Traumwagen, von Pannen und PS-Protzen und von der Liebe im und zum Automobil.“
Klingt auf jeden Fall viel versprechend, also: wer opfert sich?

Fazit: Für den Preis einer halbgaren Brezel kann es ruhig auch mal ein Buch sein. Es macht länger Freude, hält seinen Käufer länger bei Laune und ist nicht so vergänglich. Nur aufessen lässt es sich nicht so gut...

Donnerstag, 5. Januar 2012

Die Komik der Karambolage: Trafic [DVD]


Das Auto und sein Mensch – das ist es wohl, was der französische Komiker und Regisseur Jacques Tati (alias Monsieur Hulot) in seinem Film „Trafic – Tati im Stoßverkehr“ karikieren wollte. Für die Pariser Firma Altra hat Hulot ein revolutionäres Wohnmobil auf Basis eines Renault R4 entworfen, das auf dem Automobilsalon in Amsterdam ausgestellt werden soll. 

Bild: © Studiocanal
Der Transport des Wagens mit einem altersschwachen LKW gerät aufgrund von Pannen zum Fiasko. Ein Höhepunkt des Films ist schließlich eine der berühmtesten Massenkarambolagen der Filmgeschichte: ballettartig inszeniert, endet sie mit kollektiver Gymnastik der Beteiligten inmitten einer grotesk-idyllischen Stille.


Trafic“ nimmt fast alle „Auto-Typen“ der ausgehenden 60er Jahre aufs Korn: vom vulgären Garagisten über den Prospekte sammelnden Steppke, bis hin zum „Daf-Opi“. Neben Hulot spielt Maria Kimberly eine junge, dynamische (und nervtötende) PR-Verantwortliche. Mit ihrem Siata Spring ist sie passend motorisiert und übrigens auch die einzige Figur, die sich für den Zuschauer verständlich artikuliert. Der Film lebt nämlich buchstäblich nicht von Dialogen, sondern von der Hulot-typischen Situationskomik, die uns bei genauerem Hinsehen täglich begegnet: Wer saß denn nicht schon einmal nasepopelnd hinterm Steuer und wartete auf Grün?

Bild: © Studiocanal

Auch das Treiben auf dem Autosalon (er wird eröffnet, während den Altra-Leuten um Monsieur Hulot und PR-Maria eine Panne nach der anderen widerfährt) hat Tati gut beobachtet: Hauben öffnen und schließen sich ebenso häufig wie rhythmisch, Menschentrauben stecken in Motorräumen, und der Stand der kleinen Firma Altra wird schließlich mangels Ausstellungsfahrzeug von einem großen Hersteller annektiert. Der Mensch ist bei alldem eigentlich nur ein Statist, dem Treiben rund um‘s Auto hilflos ausgeliefert; Jacques Tati zeigt dies mit einer Ästhetik, die vom „Wimmelbild“ bis zum Verweilen im Detail reicht.

Bild: © Studiocanal

Autonarren können sich am gesamten Straßenbild der ausgehenden 60er und frühen 70er Jahre erfreuen. Mit dem Abstand von 40 Jahren wird der Film damit auch zur automobilhistorischen Momentaufnahme: Den typischen Daf-Opi gibt‘s schon lange nicht mehr, und auch die Automobilmessen haben sich verändert. Nach 92 Minuten mit Tati im Stoßverkehr sehen Sie ihre Auto-Beziehung garantiert mit anderen Augen – und vielleicht denken Sie ja auch an den Film, wenn Ihr Auto Sie das nächste mal beim Nasebohren ertappt!

Bild: © Studiocanal

Jacques Tati: Trafic – Tati im Stoßverkehr (1971). DVD, 92 Minuten, Mono Deutsch und Französisch, Arthaus/STUDIOCANAL, 9,99 €.